Haunted Reign

Bonus Kapitel

Diese Szene ist aus Kapitel 15 in Haunted Reign nach der Soiree, auf der Murphy in einen Kampf gerät und danach Kenna hinterherläuft, erzählt aus Kennas POV.


Ich lief davon, weil mich all die Wut, all die anderen Gefühle für ihn so aus dem Konzept brachten, dass ich nicht mehr klar kam. Er erwischte mich draußen, kurz vor dem Eingang zu unserem Wohnheim. 
„Kenna, warte!“ 
Ich hielt mitten auf dem Weg inne, die Hände zu Fäusten geballt. „Was?“
Er trat um mich herum, das rote Haar vom Wind zerzaust, die Wangen gerötet, und das Hemd von seinem Kampf zerrissen und verkokelt. Teile seines muskulösen Oberkörpers blitzten durch die Streifen von zerrissenem Stoff, und meine Wangen wurden warm. 
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.“
Schnell sah ich hoch in sein Gesicht. „Was wolltest du dann? Ich werde nicht schlau aus deiner Flirterei und deinen Andeutungen und … allem. Du verwirrst mich.“
Er runzelte kurz die Stirn. „Nun, das ist so ziemlich das Letzte, was ich will.“ 
„Was soll das denn bitte heißen?“
Er machte einen weiteren Schritt auf mich zu. „Soll bedeuten, dass ich nun ein paar Dinge klarstellen werde.“
Meine Kehle wurde trocken, als er so dicht vor mir aufragte. Sein Blick heftete sich auf meinen, stark und unnachgiebig, und er erinnerte mich an die unzähligen Male, die er mich schon angesehen hatte – nur dass diesmal keinerlei Schalk in seinen blauen Augen zu erkennen war. Was sie noch viel verheerender machte, als sie ohnehin schon waren. 
„Allein bei dem Gedanken daran, dass du auf dieser Soiree mit irgendjemandem in der Ecke stehst, habe ich beinahe den Verstand verloren. Ich will, dass du weißt, dass es niemanden gibt, bei dem ich jemals so etwas wie Eifersucht verspürt habe. Außer dir.“
„Du warst eifersüchtig?“, fragte ich heiser. 
Er nickte. Kam noch näher. Hob die Hand, und wickelte sich langsam eine meiner Locken um den Finger. Wie hypnotisiert sah ich ihm dabei zu. „Und wie. Was glaubst du, wieso ich mich wie ein Idiot aufgeführt habe?“
„Weil du manchmal nun mal ein Idiot bist. Das gehört quasi zu deinem Charakter.“ 
Er lachte rau auf. Das Geräusch ging mir durch und durch. Dann wurde er wieder ernst und sah mir in die Augen. „Ich kann deinetwegen kaum einen klaren Gedanken fassen, Sully. So verrückt machst du mich.“
„Ich möchte nicht, dass du meinetwegen zum Idioten mutierst“, gab ich zurück. Die Worte waren scherzhaft gemeint, aber sie kamen rau über meine Lippen. Weil er immer noch so verdammt nah war. Ich konnte die Wärme seiner Haut spüren, seinen unverkennbaren Duft nach Laub und kühlen Herbstabenden wahrnehmen, und wollte ihn dennoch näher bei mir. 
„Mir würde eine Lösung für das Problem einfallen“, gab er zurück. Sanft zog er an der Haarsträhne, die er sich um den Finger gewickelt hatte, und scharf holte ich Luft. 
„Ach ja?“, flüsterte ich. 
„Ja. Eine sehr gute Lösung sogar.“ Er beugte sich vor, bis sein Mund über meinem Ohr verharrte. „Kommt bloß drauf an, ob du meine Entschuldigung akzeptierst.“ 
Ich musste mich konzentrieren, um normal weitersprechen zu können. „Ich weiß noch nicht.“ 
„Was soll ich tun?“ Er fuhr mit der Nase die Kontur meines Kiefers nach, und seine Haut entfachte ein Feuer auf meiner. „Soll ich auf die Knie fallen und dich anbeten? Denn das würde ich, ohne zu zögern.“
Ich antwortete nicht. Weil ich schlichtweg nicht wusste, ob ich dieses Spiel so weit treiben wollte – und ob Murphy das tatsächlich in die Tat umzusetzen gedachte. Doch bevor ich es noch weiter hinterfragen konnte, tat er genau das. Er ging auf die Knie, mitten in der Nacht, mitten auf den Stufen, die zum Wohnheim führten, und auf denen jederzeit jemand vorbeikommen konnte.
Durch dichte Wimpern sah er zu mir hinauf und hob eine Hand an mein nacktes Bein. Sacht strichen seine Fingerspitzen an der Seite meines Schenkels hinauf bis zum Saum meines Kleides. „Du bist so verdammt schön“, raunte er. Er lehnte sich vor, mit geschlossenen Augen, bis seine Stirn an mir lehnte. Mein Atem beschleunigte. „So schön, dass mir vorhin schlichtweg die Worte gefehlt haben.“ 
Ich schnappte nach Luft, als er die Hand von hinten an meinen Schenkel legte und noch weiter hinauffuhr. Hitze versengte meine Adern. Ich war wie gefangen von dem Anblick. Er auf den Knien. Wie er mit diesem dunklen Blick zu mir hochsah. Noch nie hatte es jemanden gegeben, der mich so anschaute. Der diese Gefühle in mir weckte. Noch nie hatte es einen Jungen gegeben, der meinetwegen die Kontrolle verlor, und mich auf Knien anbetete. Es ließ mich mächtig fühlen. Es sorgte dafür, dass sich meine Kehle wie ausgedörrt anfühlte. Der Wunsch, er würde seine zweite Hand an mein Bein legen, und sie noch weiter mein Kleid hinaufwandern lassen, keimte in mir auf. Etwas, das ich noch nie zuvor empfunden hatte. 
„Murphy“, flüsterte ich, nicht sicher, ob ich ihn damit aufforderte oder eher warnte. 
Seine Augen glühten. „Konnte ich deine Verwirrung ein wenig aus dem Weg räumen?“
Statt eines Nickens streckte ich die Hand aus und fuhr damit durch sein Haar. Ich hatte es zu Beginn des Abends in Zoeys und meinem Wohnheimzimmer gestylt, war mit den Händen hindurchgeglitten und hatte genossen wie es sich unter meinen Fingern angefühlt hatte. Doch das war nichts im Gegensatz hierzu. Die Hitze, die von mir Besitz ergriff, während Murphy mit seinen Fingern weiter mein Bein liebkoste, und ich durch sein Haar fuhr, ließ mich beinahe in Flammen aufgehen. 
„Steh auf“, flüsterte ich heiser.
Er kam der Aufforderung nach. Ich fragte mich, was er noch zu tun bereit war. 
„Bedeutet das, dass du meine Entschuldigung annimmst?“, fragte er und kam näher. Seine Hände legten sich auf meine Hüften, meine fuhren an seinen Armen hinauf. Etwas, das ich schon seit einer Ewigkeit tun wollte und was sich noch besser anfühlte, als ich es mir ausgemalt hatte. Er war in den letzten Monaten noch kräftiger geworden, wahrscheinlich, weil er unentwegt trainierte. Viel zu oft blieb mein Blick in Verteidigung an ihm hängen, wie hypnotisiert von dem Anblick, wie er seine Gegner scheinbar mühelos ausschaltete und zu Boden warf. Manchmal fragte ich mich, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er dasselbe mit mir täte. Sein Gewicht auf mir, seine Hände, die meine Handgelenke umschlossen und zu beiden Seiten meines Kopfes auf die Matte drückten. Und ich war mir ziemlich sicher, dass ihm das bewusst war, so oft, wie er mich damit aufzog. 
„Ich weiß noch nicht“, gab ich zurück, obwohl es gelogen war. Ich verzieh ihm nahezu alles, wenn er mich bloß nicht losließ. 
„Dann muss ich mich wohl mehr anstrengen, um dich zu überzeugen.“ Seine eine Hand legte sich an mein Kinn und hob es an, damit ich ihm wieder in die Augen sah. Eine stumme Frage lag darin. Auf die es für mich nur eine Antwort gab. 
„Ja“, war das Einzige, das mir über die Lippen kam. 
Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, beugte Murphy sich vor und presste seine Lippen auf meine. Er küsste mich. Er küsste mich tatsächlich, und ich … ich wusste nichts mehr, bis auf, dass es sich herrlich anfühlte, und dass ich mehr davon brauchte. 
Murphys Mund bewegte sich auf meinem, sanft zuerst, doch als ich den Kuss erwiderte, und die Arme um seinen Hals schlang, wurde er fordernder, bestimmter. Wir drängten uns aneinander und stolperten beinahe über unsere eigenen Füße, aber dann war da das Gemäuer des Wohnheims in meinem Rücken, und ich fand Halt. Er schlang mir einen Arm um die Taille und drückte mich an sich, so fest, dass mir fast die Luft wegblieb. Er legte dieselbe kraftvolle Energie, die ihm auch immer beim Training zugute kam, in diesen Kuss, und ich stand ihm in nichts nach. Ein Stöhnen befreite sich aus meiner Kehle, als er das Knie zwischen meine Beine schob. Ich sah Sterne, krallte meine Finger in sein Haar, und wollte ihn noch näher bei mir. So nah, wie es nur ging. Ich presste meine Brust an seine, woraufhin ein kehliges Geräusch tief aus seiner Brust kam. Seine Lippen brannten sich in meine, glitten dann entlang meines Kiefers, wanderten weiter zu meinem Hals, und ich schnappte nach Luft. Jetzt war ich diejenige, die ihn am Kinn fasste und seinen Mund zurück an meinen brachte. Ich küsste das überraschte Geräusch von seinen Lippen, fuhr mit der Zunge an seiner Unterlippe entlang, woraufhin er eine Hand an die Mauer hinter mich presste, als müsste nun auch er nach Halt suchen. Wieder durchströmte mich ein Gefühl von Macht, das jeden anderen Gedanken ausschaltete. Irgendwann löste er sich ein Stück von mir, und ich war froh, dass er mich so hielt, weil meine Knie sich viel zu weich anfühlten.
„Was meinst du, Sully?“ Er stupste mit der Nase gegen meine. „War das überzeugend genug?“